Der Lange Mann vom Döbra

Eine arme Webersfrau pflückte einmal auf dem Döbra Schwarzbeeren. Als sie ihre Kanne voll hatte, machte sie sich auf den Heimweg. Unterwegs merkte sie  jedoch, dass sie ihren Beerenriffel liegengelassen hatte. Rasch kehrte sie um. Sie musste nicht lange suchen, denn der Riffel lag am Rande einer kleinen Waldblöße, wo sie zuletzt gebeert hatte.

Als die Frau den Riffel aufhob, wuchs plötzlich neben ihr ein riesenhafter Mann aus dem Boden, der bis zu den Spitzen der höchsten Tannen reichte. Er trug ein Gewand aus Baumrinde und Moos und seine Augen waren so groß wie Pflugrädchen. Unbeholfen tappte er mit seinen großen Händen nach der Frau, die er begierig anglotzte. Da lief sie, was sie laufen konnte, schlüpfte flink durch das Buschwerk und im Zickzack um die Baumstämme. Hinter ihr schnaubte der Riese wie der Sturmwind, und sein Geifer fiel ihm in großen, schaumigen Tropfen aus dem Munde.

Der Frau wurde angst und bange. In ihrer Not dachte sie an Gott und rief: "Herr im Himmel, hilf mir!" Da tat´s einen Donnerschlag, und das Ungetüm war verschwunden. Es wurde auch von niemandem mehr gesehen. Die mächtigen Geifertropfen des Riesen verwandelten sich in graue Felsbrocken, die heute noch auf dem Döbra verstreut liegen.