Der Hämann

Auf dem Döbra lebte einmal ein wilder Mann. Der war lang und dürr, trug ein grünes Gewand und einen riesengroßen, verwaschenen und vermoosten Schlapphut. Durch seine schaurigen "Hä-Hä-Hä"-Rufe ängstigte er Beerensucher und Wanderer. Besonders in der Nacht trieb er sein Unwesen, und niemand traute sich nach Einbruch der Dunkelheit über den Berg oder in dessen Nähe.

Einmal hatte ein Zimmermann von Döbra in Schwarzenbach am Wald zu tun. Nach seiner Arbeit fand er im Wirtshaus Gesellschaft und blieb sitzen. Erst gegen Mitternacht machte er sich auf den Heimweg. Da hörte er von Döbra her das hohle Geschrei des Waldmannes. Der Zimmermann war guter Laune und sagte vor sich hin: "Was der Kerl nur immer zu gäckern hat!" Und schon saß ihm der Unhold schwer auf dem Rücken, drückte ihn zu Boden und war trotz aller Anstrengungen nicht abzuschütteln.

Nur mühsam schleppte sich der Zimmermann weiter. Die Luft schien ihm auszugehen. Doch glücklicherweise holte ihn nach einer Weile ein Feilenhauer ein, den er um Hilfe bat. Dieser bestrich ihn mit einem Drudeneisen - und die Last war verschwunden! Doch kaum waren sie einige zeit nebeneinander hergegangen, da lastete die Bürde schon wieder auf dem Rücken des Zimmerers. Nun umwickelte ihm der Feilenhauer den Oberkörper mit einer Drahtrolle, mit der er die Geister zu fesseln pflegte.

Man hörte einen dumpfen Schlag, ein ärgerliches Gemecker - und er Hämann lief in großen Schritten dem Walde zu.