Die halbe Beute

In den Waldtälern rund um den Döbra hatte der Wilde Jäger sein Jagdgebiet. Zur Herbstzeit, wenn die Stürme über die Berge fegten und die Wolken über sich hertrieben, hetzte er auf dreibeinigem Roß, von einer Meute Hunde umkläfft, über Wälder und Täler. Wenn nun das Wilde Heer von Enchenreuth herunterstürmte ins Tal der Wilden Rodach, dann zitterten die Moosweiblein und Schrezelein und suchten Schutz in sicheren Höhlen. Der unheimlichste Platz war immer die Bärenwiese, die von den Menschen meist ängstlich gemieden wurde.

Einst machte ein Köhler aus Schwarzenbach am Wald in der Nähe dieser Wiese Holz. Er hatte sich bei seiner Arbeit etwas verspätet. Als er seinen Wagen beladen hatte, fing es gerade an zu dunkeln. Gleichzeitig brach ein heftiger Sturm los. Der Köhler trieb seine Pferde zur Eile. Wie er an der Bärenwiese vorbeikam, brauste gerade das Wilde Heer mit Hussasa und Hundegebell darüber hinweg. Vom Mutwillen getrieben und verärgert über das schlechte Wetter, rief er:  "Jagt meinen Teil auch mit!" Nach einiger Zeit legte sich der Sturm, und der Köhler fuhr seines Weges. Als er daheim ankam, hing ein halbes Moosweiblein an seiner Stalltüre. Eiskalt lief es dem Köhler über den Rücken. Doch was half alles Gruseln- der Wilde Jäger hatte den Wunsch gehört und die Beute mit ihm geteilt.