Das Königstöchterlein

Der Döbra soll einst eine prächtige Burg getragen haben. Man erzählt, ein mächtiger und reicher König habe sie zu seinem Wohnsitz erkoren. Hier schenkte ihm seine Frau eine liebreizende Tochter und starb.

Das Kind erblühte zur Freude des Vaters zu einer Jungfrau, deren Tugend und Schönheit weithin gerühmt wurden. Doch plötzlich erkrankte sie sehr heftig. Trotz aller Bemühungen der besten Ärzte musste sie sterben. Da jammerte der trostlose Vater!

Am dritten Tage ließ er sein totes Kind, bekleidet mit den herrlichsten Gewändern und geschmückt mit Gold und Edelsteinen, in einen goldenen Sarg betten und in der Gruft der Burgkapelle feierlich beisetzen.

Da dachte ein habgieriger Diener des Königs: "Was braucht das tote Fräulein Reichtümer, mit denen ich mit das prächtigste Schloss im Lande kaufen könnte!" Er öffnete die Gruft, stieg in das Grabgewölbe hinab und erbrach den goldenen Sarg, um die Schätze zu stehlen.

Wie er der Toten alles geraubt hatte, wollte er ihr noch die goldene Krone vom Haupte nehmen, da richtete sich die Jungfrau auf und rief: "Vater! Vater!" Erschrocken ließ der Grabschänder seinen Raub fallen und floh wer weiß wohin.

Die Königstochter stieg aus dem Sarg und ging in das Schloss. Furcht und Entsetzen überfielen hier alle, die sie erblickten. Sie glaubten, ein Gespenst zu sehen. Doch der Vater jubelte, denn sein Leid war zu Ende. Mit seiner vom Tode erstandenen Tochter verlebte er noch lange, glückliche Zeiten. Und nach seinem Tode wurde sie Königin.