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Notzeiten in der Gemeinde Döbra

Mitgeteilt von Hans Hartmann, Döbra
in "Unsere Heimat", Heimatkundliche Beilage der "Nailaer Zeitung", Nr. 7, 14. Juni 1960 und Nr. 8, 12. Juli 1960

Notzeiten können durch Kriegsereignisse, Brände, ansteckende Krankheiten und Seuchen, Naturkatastrophen sowie durch wirtschaftliche Schwierigkeiten veranlaßt werden. Auch Döbra wurde im Laufe der Jahrhunderte von Notzeiten nicht verschont.

1. Kriege

Als sich die Bauern im Jahre 1525 gegen ihre Grundherren empörten, geriet auch unsere Gegend in den Strudel der Wirren. Das unterhalb des Dorfes Rodeck auf einem Steilhang über dem Tal der Wilden Rodach gelegene "Castrurn Radekke", das von den Herren von Radeck im Auftrage der Bamberger Bischöfe erbaut worden war, wurde während des Bauernkrieges in Mitleidenschaft gezogen. Das Schloß wurde von den aufrührerischen Bauern beschädigt, jedoch nicht zerstört oder ausgebrannt wie die Burgen Wildenstein, Nordeck oder die Burg der Waldenfelser auf dem Wallenfelser Schloßberg. Nach Niederschlagung des Bauernaufstandes wurde der Adel im Bistum Bamberg aufgefordert, genaue Verzeichnisse der erlittenen Schäden an ihren Schlössern, Sitzen und Häusern einzusenden. Georg von Wildenstein, der Besitzer des Schlosses Rodeck, stellte an den Bamberger Bischof eine Entschädigungssumme von 80 Gulden. Nach dem Bauernaufstand ritt Bischof Weigand von Bamberg in seinem Hochstift umher, um die Erbhuldigung vorzunehmen und die Anführer der aufrührerischen Bauern zu bestrafen. In seiner Begleitung befanden sich mehrere Domherren und eine große Anzahl von Rittern und adeligen Amtleuten. Am 19. August 1526 war die Erbhuldigung der bischöflichen Ämter in Stadtsteinach. Hier erschienen auch die Untertanen von  Enchenreuth und Rodeck. Jede Herdstätte hatte eine Strafe von drei Gulden zu bezahlen, nur Witwen, die am Aufstand nicht beteiligt waren, blieben straffrei. Dem Amt Enchenreuth, zu dem auch Döbra mit Rodeck gehörte, wurde eine Buße von 192 Gulden auferlegt. (Loshorn, Geschichte des Bistums Bamberg, 4. Band, Seite 654 und 657)

In den ersten 13 Jahren des Dreißigjährigen Krieges wurde unsere Gegend verschont, weil Markgraf Christian neutral blieb. Als er aber 1632 ein Bündnis mit dem Schwedenkonig Gustav Adolf schloß, wurde auch unsere Gegend vom Kriege betroffen. In den Jahren l632 - 35 hatten die Orte des bischöflichen Amtes Enchenreuth unter den Drangsalen der Schweden und der mit ihnen verbündeten markgräflichen Truppen schwer zu leiden, die unter Führung des Obersten Hans Christoph von Muffel, des Kommandanten der Festung Plassenburg, und des Obristwachtmeisters Ernst von Beulwitz, des Amtmanns von Schauenstein, standen, und die von Kulmbach, Bayreuth und Schauenstein aus öfters Einfälle in das Amt unternahmen und die Orte längere Zeit besetzt hielten. Dem schwedisch-markgräflichen Kriegsvolk folgten kaiserliche Truppen, die das Land des Bischofs so wenig schonten, wie die Feinde.

Ein günstiges Geschick hat der Gemeinde Döbra ein genaues Verzeichnis all der Schäden erhalten, die den Einwohnern in den Kriegsjahren 1632-35 durch raubende und plündernde schwedische und kaiserliche Soldatenhaufen zugefügt wurden. Das Verzeichnis wurde von dem Enchenreuther Vogt Hannß Atzendorffer angefertigt und enthält alle Schäden, welche die bischöflichen Orte des Amtes Enchenreuth in den erwähnten Jahren erlitten hatten.

D ö b r a:

a. Alles der Feind (= Schweden) abgenommen:

Getreide, Vieh und Kleider:
Nicoll Hoffmann 140 fl, Endreß Schneider 20 fl, Cuntz Heueisen 35 fl, Adam Weber 5 fl, Endres Schneider 30 f1,
Hannß Haueißen der Jüngere 50 fl, Hannß Schubert 19 fl, Better Schmidt 60 f1, Hannß Haueisen der Ältere 20 fl,

Vieh und Getreide: Heintz Ossels Witwe 17 fl,
Für einen Ochsen: Hannß Fraß 16 fl,
Für eine Kuh: Elißawet Buckherin 10 fl,
Für ein Langrohr, Muskete und Seitenwehr: Endreßen Fortzschen 15 fl,

b. Alles der Freund (= die Kaiserlichen) abgenommen:

Getreide Vieh und Kleider:
Endres Schneider 400 fl, Nicoll Hoffmann 200 fl,  Better
Schmidt 150 fi, Cuntz Haueißen 130 fl, Endreß Hümmer 150 fl, Adam Weber 100 fl, Haintz Ossels Witwe 30 fl, Hannß Fraß 80 fl, Hannß Haueißen der Jüngere 20 f1, Hannß Haueißen der Ältere 70 fl, Endres Förtzsch 30 fl, Elisawet Buckherin 40 fl, Hannß Schubert 44 fl,
Für einen Ochsen: Haintz Fraß Witwe 12 fl, 

R o d e c k h (= Rodeck):

a. Hannß Schütz, Forstknecht (= Förster): 40 fl, an Vieh, Büchsen und Kleider, der Feind genommen. 

Der Freund nahm ab und Brandschaden und 12 fl, an Getreide und Kleider, zus. 52 fl,
Der Feind brannte 5 Häuser mit Scheunen und Nebengebäuden ab: Wilhelm Peseneckher 262 fl, Michael Deckhelmann 190 fl, Hannß Kißlings Witwe 470 f1, Maria
Wagnerin 250 fl, Nicoll Peseneckher 312 fl,
Kleider, Vieh untd Getreide: Hannß Gahn 150 fl,

b. Der Freund nahm ab:

Getreide, Vieh und Kleider:
Wilhelm Peseneckher 100 fl, Michaell Deckhelmann 100
fl, Hannß Kißlings Witwe 200 fl, Maria Wagnerin 30 fl, Nicoll Peseneckher 230 fl, Hannß Gahn 150 fl, Hannß Fischer 50 fl.

T h ro n n (= Thron):

a. Der Freund nahm ab:

Getreide, Vieh und Kleider:

Nicoll Gahn 200 fl, Hannß Hoffmanns Witwe 112 fl, Adam Hofman 30 fl, Klillan Gahn 200 fl, Hannß Hellerig 150 fl, Adam Gahn 31 fl.
Haus, Scheune und Nebengebäude niedergebrannt: Hanß Fraß Witwe 135 fl; außerdem an fahrende Habe 65 fl.

b. Der Feind nahm ab:

Getreide, Vieh und Kleider:
Nicoll Gahn 250 fl, Hannß Hoffmans Witwe 100 fl, Adam Hofman 100 fl, Adam Gahn 100 fl. Killian Gahn 80 fl. Hanß Hellerig 80 fl.

H o c h e n  Z o h r n (= Hohenzorn):

Der Freund raubte Getreide, Vieh und Kleider: Hannß Peseneckher 190 fl, Veit Ossell 150 fl.

P o p p e n  G r ü n (= Poppengrün):

a. Der Feind nahm ab:

Getreide, Vieh und Kleider:
Nicoll Franckhen Erben 114 fl, Hanß Kirchner 200 fl,
Hanß Müll Friedell 250 fl,

b. Der Freund nahm ab:

Getreide. Vieh und Kleider:
Nicoll Franckhen Erben 186 fl, Hannß Kirchner 50 fl,
Hannß Müll Friedell 200 fl, Hannß Streckhers Witwe 71 fl, Nicoll Streckher 98 fl, Endres Schrepfer 85 fl, Hanß Kißlings Witwe 107 fl. 

S c h ö n n  W a l l (= Schönwald):

Der Freund raubte Vieh, Getreide und Kleider:
Erhart Dolles 93 fl, Nicol Friesch 92 fl, Erhart Dolleß
160 fl.
Für zwei Schafe: Hanß Dolleß 6 fl.

Nach dem Verzeichnis betrug der Gesamtschaden für Döbra 1793 fl, für Rodeck 2546 fl, für Thron 1633 fl, für Poppengrün 1361 fl, für Schönwald 351 fl, und für Hohenzorn 310 fl, zusammen 8024 fl. Das war für die damalige Zeit eine große Summe, wenn man bedenkt, daß ein Ochse 12 - 16 fl, eine Kuh 10 fl, und ein Schaf 3 fl, kosteten. Die Schäden für Pillmersreuth sind in dem Verzeichnis nicht enthalten.

Auch die Kirche wurde von den Schweden und Kaiserlichen "gantz spolirt (= beraubt) und auß geplindert". Sie erlitt einen Schaden von 350 fl. Der Vogt erwähnt besonders "drei Kellig (= Kelche), so einem praedicandt (= Predigergehilfe) von Schauenstein abgenommen und was sonsten vorhanden gewesen, wie in der Gotteshausrechnung zu finden sein wird".

Von 1632-35 hatten die Eingepfarrten zu Döbra an den Obersten Muffel nach Kulmbach eine Kontribution (= Kriegssteuer) von 350 fl, zu zahlen. An den Obristwachtmeister Ernst von Beulwitz nach Schauenstein waren 585 fl, zu leisten und zwar 171 fl, Bargeld, 102 fl, für 8½ Sümmra Korn von jedem, 132 fl, für 18 Sümmra Hafer und 180 fl, für Rinder groß und klein.

Sechs Bauernanwesen, fünf in Rodeck, eins in Thron wurden von den marodierenden Soldaten, eingeäschert. Steffa Friedell von Döbra, Nicoll Peseneckher von Rodeck und Nicoll Franckh von Poppengrün wurden von den Schweden "niedergehieben".

Fast sämtliche Hofbesitzer der Gemeinde aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sind ausgestorben, nur die Nachkommen des von den Schweden gemordeten Nikol Frank bewirtschaften ihren Hof in Poppengrün in ununterbrochener Folge bis zum heutigen Tage und dürften das älteste Bauerngeschlecht der Gemeinde sein.

In dem Verzeichnis sind auch die Schadenansprüche des Bischofsmüllers Hannß Schößel enthalten. (Die Bischofsmühle gehört heute zur Gemeinde Enchenreuth, schulisch und kirchlich zu Döbra):

25 fl für Commiß (= Lebensmittel) zum acort und wöchentlicher Kontribution
60 fl für 3 Schiebochsen
80 fl für 8 Kühe
15 fl für junges Viehlig
6 fl für 3 Gais
30 fl für 8 Schwein groß und klein
7 ½ fl 3 Patz für 36 Stuckh Hünner
30 fl für Kleid und andern Hauß Rath
7 fl für Hackhen Eisen Zeug welches zu der Müll gehört
12 fl für getraid
12 fl für Fleisch, Speckh, Buttern
6 fl für ein lang Rohr
12 fl für Rauch und geliefert Letter
4 fl für 2 Füchsena Hauben (= Hauben aus Fuchspelz)
3½ fl für Zinn und Pfanna
3 fl für Beuttel-Duch alles der Feindt ge Nomen zusammen 311 fl 3 Patz

(Quelle: Hist. Verein v. Ofr. in Bayreuth, Arch. Nr. 2999a)

Auch in den späteren Jahren, als die großen Heere fern von unserem Gebiete kämpften, hatte unsere Heimat Schweres zu erdulden. Ein unruhiges Jahr war 1638. Damals war die Unsicherheit auf den Landstraßen durch plündernde und raubende Soldatenhaufen, die sich nach dem Tode der Hauptbeteiligten des Krieges, Tillys, des Schwedenkönigs Gustav Adolf und des kaiserlichen Heerführers Wallenstein, bildeten, so groß, daß sich kein Mensch mehr auf die Straße getraute und die Arbeiten auf dem Felde nur unter größter Lebensgefahr vorgenommen werden konnten. Am 19.1.1643 schrieb die Gemeinde Döbra an ihren Landesherrn, den Bamberger Bischof, daß die Bewohner häufig vor den marodierenden Kriegsvölkern in den Wald flüchten und sich Tag und Nacht darin verbergen müßten, weshalb sie zu keiner rechten Arbeit kämen.

1638 wurde eine Vereinbarung zwischen Markgraf Christian von Bayreuth und dem Bischof Hatzfeld von Bamberg getroffen. Der Bamberger Kastner zu Stadtsteinach und die Bamberger Vögte zu Leugast. und Enchenreuth einerseits und die markgräflichen Vögte zu Schauenstein und Helmbrechts andererseits verpflichteten sich auf Befehl ihrer Herren, die Grenzen ihrer Gebiete von beiden Seiten her zu schützen, sich gegenseitig Hilfe zu leisten und gemeinsame Streifzüge gegen die "Plackerey" und Räuberei der Soldatenhaufen zu übernehmen. Die Streifzüge gegen das Raubgesindel sollten vier Tage in der Woche stattfinden und sich bis Döbra, Haidengrün, Marlesreuth und Naila erstrecken, um die Bevölkerung gegen die Gewalttätigkeiten und Plünderungen zu schützen.

(Hübsch, Geschichte von Naila, S. 123)

In der Abmachung vom 26.4.1638 heißt es u.a.:
"Daß Gericht Ennichenreuth soll Streiffen neben denen Underthanen deß Gerichts Schwartzenbach am Waldt, welchen von dem Ambt Schauenstein zugeschrieben werden solle, sowohl des von Wildensteins Underthanen, mit denen von Adel auß dem Ambt Kupfferberg, Vergleichung geschehen soll, Täglichen mit 20 Mann Alß Dienstag, Mittwoch, Donnerstag undt Sonnabendt gegen Döbra, haydengrün, Marlesreuth und Nayla, das Ambt Schauenstein sambt anderen Incorporirten soll nachfolgende Täge Alß Montag, Freitag undt Sontag gegen haydengrün, Döbra und Ennichenreuth Streiffen.

Doferne nun in dem einen und andern Ort Reuther sich finden sollten, solle man dieselbe alßbalden examiniren nach ihren Paß, unter was Regiment unnd Compagnien sie gehören, unnd waß sie an diesen Ortt zuschaffen oder zusuchen, befragen. Würden sie nun ohne Paß ergriffen, sonderlichen uff keiner richtigen Landtstraßen erfunden, soll man sie wo es möglichen, biß uff weitere Verordnung anhalten, woferne sie aber uff frischer thatt, das sie der armen Landtschaft unnd Underthanen das Ihrige Abgenommen oder abzunehmen begerten, ertappt, können sie handfest gemacht werden. Da sie sich aber würden widersetzen, soll man ihnen abbrechen, so gut man kann, unnd solche wo nicht lebendig doch todt überkommen, unnd die herabgeschossenen bey der Wahl - stadt sobalden begraben.

Damit nun ein Ortt dem andern zu geschwinder eyl Succurriren könne, so sollen uff dem lande in allen Dorffschaften uff der hohen Stangen mit Wischen uffgestecket werden, warbey, wann derselbe gefallen, das Merkzeichen der vorhandenen Reuther seyn solle. Bei welcher Wach jedesmahl der Wechter wo keine Kirrche unnd Glocken vorhanden, zwene Loßschueß uffeinander thun soll. Wo aber Kirrchen unnd Gloccken, so solle sobalden der Sturmschlag erfolgen, worauf ein jedtweder Orrt mit den Seinigen sich in gueter bereitschaft halten, zugleich erkündigen, welcher Orrt  betrangt, demselben ungesümbt zu succurriren volgen unnd der Plackerey vorzupuegken vnnd zu steuern möglichen fleiß anwenden solle."

Die Abmachung ist unterschrieben von Matthias von Termo (= Amtmann von Schauenstein) Conrad Katzenreuter, Castner zu Stadtsteinach
David Grenzvogt zum Schauenstein (Es muß richtig heißen: David Grenze, Vogt zu Schauenstein)
Georg Hornung, Vogt zu M.Leugast
Melchior Feuerlein, Vogt zu Helmbrechts
Hannß Atzendorffer, Vogt zu Enchenreuth
(Quelle: Holle, Das Fürstentum Bayreuth Im 30-jährigen,
Kriege).

Kaum hatte sich unsere Heimat von dem Elend des Dreißigjährigen Krieges erholt, so wurden das christliche Abendland und die europäische Kultur von einer neuen Gefahr bedroht. Die Türken belagerten 1529 das erstemal Wien, wurden zurückgeschlagen und erschienen 1683 wieder vor der Stadt, so daß es der größten Anstrengungen bedurfte, um ihnen Einhalt zu gebieten. In dieser Zeit ordnete der Bayreuther Markgraf Christian Ernst das Mittagläuten mit den drei Nachschlägen in allen Städten, Marktflecken und Dörfern seines Fürstentums an, um die Bevölkerung an Ihre Gebetspflicht zu erinnern. Da man die Döbraer Kirche immer als markgräflichen Besitz betrachtete, wurde das Mittagläuten auch bei uns eingeführt. Seit dieser Zeit ist das Mittagläuten (Türkenläuten mit den drei Nachschlägen oder Türkenschlägen) bei uns gebräuchlich. Um die Kosten der Türkenkriege aufzubringen, schrieben die Landesherrn eine neue Steuer aus, die Türkensteuer, die von jedem Haus und Vermögen erhoben wurde, und von der niemand befreit werden konnte. Auch die Einwohner der Gemeinde Döbra wurden zur Türkensteuer veranlagt. 1683 hatten zu zahlen Döbra 19, Rodeck 14, Hohenzorn 1/2, Hohentanne 1 1/4, Schönwald 7, Poppengrün 4 1/2, Thron 15 und Pillmersreuth 11, zusammen 72 1/4 fl. (Staatsarch. Bamberg, Standb. 1329, Amt Kupferberg).

Im Siebenjährigen Kriege (1756-63) standen die Truppen des Döbraer Landesherrn, des Bamberger Bischofs, in den Reihen der Reichsarmee. Da Döbra an der alten mittelalterlichen Geleitstraße Hof-Kronach lag, so hatte es unter den Einquartierungen und Durchmärschen der Soldaten manche Last auf sich zu nehmen. Auch Krankheiten wurden eingeschleppt. So starben im Jahre 1759 in der Kirchengemeinde 77 Personen - eine nie wieder erreichte Zahl - an dem "hitzigen Fieber", wie die eingeschleppte Krankheit im) den Kirchenbüchern genannt wurde.

In den Napoleonskriegen 1806-15 wurde Döbra von Einquartierungen fast ganz verschont, es zogen aber viele französische, italienische und russische Truppen durch den Ort. Unsere Bauern mußten vor allem Vorspanndienste leisten. Bei diesen erzwungenen Dienstleistungen hatten die Döbraer den Verlust von vier Wagen, drei Paar Ochsen und zwei Pferden zu beklagen. Der Wert für geleistete Vorspanndienste belief sich auf 80 fl 15 Kr. Weil die Steuerdistrikte Döbra, Bernstein, Schwarzenbach a. W., Culmitz, Naila, Neuhaus, Gcroldsgrün, Lichtenberg, Steinbach und Untersteben von Einquartierungen fast verschont blieben, Selbitz, Schauenstein, Volkmannsgrün, Marxgrün und Issigau aber längere Zeit mit Truppen belegt wurden, so mußten die ersteren Naturalien und Bargeld f'ür die Verpflegung der Soldaten liefern, da die stark belegten Orte nicht in der Lage waren, allein für die einquuartierten Truppen aufzukommen.

Nach einer Zusammenstellung aller Kriegskosten vom 1.10.1810 bis 31.12.1814 des Landgerichts Naila mußte Döbra für 31 fl 38 1/2 Kreuzer Naturalien liefern und zwar 47 Scheffel 2 Metzen 28 Maß Haber, 112 Ztr. 82 Pfd. Heu und 51 Ztr. 20 Pfd. Stroh. Nach der gleichen Aufstellung hatte es an Verpflegskosten für erkrankte oder verwundete fremde Soldaten 108 fl 5 Kreuzer aufzubringen.

Die andauernden Durchmärsche brachten der Bevölkerung nicht nur Opfer an Geld und Sachwerten. Die Truppen schleppten wie im Siebenjährigen Kriege auch eine entsetzliche Krankheit ein. In den Kirchenbüchern wird sie oft. "Salzfluß" oder "die französische Krankheit" genannt. So heißt es z.B. bei der Beurkundung eines Sterbefalles im Jahre 1825: "Elisabethe Barbara X., des Johann Heinrich X., Webermeister zu Döbra, Witwe, starb am 25. Mai im Alter von 50 Jahren 2 Monaten 26 Tagen nach 11jährigem Leiden an dem sog. Salzfluß imn Gesicht". Der amtierende Pfarrer Brock fügt in einer Anmerkung bei: "Obiger Salzfluß war nichts anderes als Venerie = Syphilis, von welcher vor etwa 12 Jahren Döbra und die Umgehung so angesteckt waren, daß dieses Übel, das durch die Soldaten eingeschleppt wurde, sich in jedem dritten Hause fand." Der Pfarrer vermerkt noch, daß er diese Angabe auf Grund einer Aussage seines Paten, des Landarztes Eichele in Naila, gemacht habe.

Auch der Krieg 1870/71 ging nicht spurlos an der Gemeinde vorüber. Mehrere Einwoliner nahmen am Kriege teil. Einer von ihnen, Johann Schrepfer von Poppengrün, kehrte nicht wieder. Er fiel am 21.12.1870 bei Loigney an der Loire. Eine Gedächtnistafel befindet sich in der Kirche.

Im ersten Weltkrieg trauerte die Kirchengemeinde um 29 gefallene Söhne (Döbra 23, Haidengrün 4, Döbrastöcken 2), 2 waren vermißt.

Über den zweiten Weltkrieg berichten die Kirchenbücher:
"An ununittelbaren Wirkungen des die deutschen Städte verheerenden zweiten Weltkrieges hatte die Gemeinde Döbra so gut wie nichts zu spüren. Dennoch wurde den Bewohnern in den ersten Morgenstunden des 20. Februar 1944, an einem Sonntag, ein nicht geringer Schrecken eingejagt, als Feindflieger über Döbra, Schönwald und Haidengrün erschienen und eine große Zahl Brandbomben abwarfen, so daß die ganze Gegend hell erleuchtet wurde. Die Einwohner dachten nicht anders, als ihre Häuser und Scheunen stünden in Flammen. Zu ilnrem Glück erkannten sie bald, daß die Einschläge alle außerhalb der Ortschaften lagen und, da Schnee lag, keinen Brandschaden verursachten. Eine Sprengbombe, die einzige, die abgeworfen wurde, riß etwa 500 Meter östlich von Döbra (im Döbrabachtal) einen grollen Trichter in einen Acker und zertrümmerte im Dorf einige Fenster durch den Luftdruck. Sie drückte auch das Ostfenster der Kirche ein und die steinerne Rippe desselben. Gegen Ende des Krieges wurde die Gemeinde noch einige Male durch feindliche Flieger beunruhigt. So wurden am 8.4.1945 Brandbomben und eine Sprengbombe in der Nähe von Haidengrün abgeworfen ohne jedoch Schaden anzurichten. Feindflieger kontrollierten des öfteren den Verkehr auf den Straßen und die Arbeit der Bauern auf dem Felde, ohne aber zu Angriffen überzugehen. Der 14. April 1945 war ein Tag aufregender Spannung. Das Anrücken der US-Streitkräfte kündigte sich aus der Ferne durch Panzerschüsse und Granateinschläge an. Weiße Fahnen wehten von den Häusern. Vorher war der Volkssturm aufgerufen worden, um die überaus mechanisierten Truppen der Amerikaner mit Gewehren und Panzerfäusten aufzuhalten. Bei diesem wahnsinnigen Unternehmen fand so noch in letzter Stunde Nikol Hohenberger aus Poppengrün im Rodachtal den Tod. Döbra selbst wurde nicht verteidigt, errichtete auch keine Panzersperren. Am Sonntag, den 15. April 1945 um 10 Uhr vormittags, erschienen die Fahrzeuge und Panzer, die von Schwarzenbach kamen, in Döbra. Alle schlimmen Befürchtungen waren grundlos, es wurden nur zwei Häuser durchsucht und der Ort blieb von Einquartierung verschont. Die Bevölkerung atmete auf. Die Spannung war gelöst."

Das am 14. Juni 1959 eingeweihte Ehrenmal nennt die Namen von 53 gefallenen Söhnen der Kirchengemeinde im zweiten Weltkrieg (Döbra 37, Haidengrün 13, Döbrastöcken 3); 30 sind vermißt. (Döbra 25, Haidengrün 5).

2. Brände

Sicherlich wurde auch Döbra schon in früheren Jahrhunderten von Bränden heimgesucht, leider fehlen die örtlichen Quellen. Die im Pfarramt vorhandenen Kirchenbücher, die Aufschluß über solche Notzeiten geben könnten, beginnen erst mit dem Jahre 1725.

Der erste Brand, über den die Kirchenbücher berichten, ereignete sich 1745. In der Nacht vor dem 17. Sonntag nach Trinitatis wurden in Döbra die Häuser Nr. 1-5 vollständig eingeäschert. Der Brand entstand in einer Scheune durch Funken, die beim Tabakrauchen in ein Flachsbündel gefallen waren.

Am 1. Juli 1792 wurde das zur Kirchengemeinde Döbra eingepfarrte Dorf Haidengrün von einem schweren Brand heimgesucht. Dabei wurden fünf Hläuser und die dazugehörigen Scheunen der Bauern Johann Peter Jahn, Johann Peter Hohenberger, Andreas Schrepfer, Johann Adam Glotz und des Schultheißen Johann Konrad Schrepfer vernichtet. Der Brand entstand nachts gegen zehn Uhr in der Küche des Jahn durch unvorsichtiges Hantieren mit dem Licht. Jahn, der versuchte das Feuer zu löschen, verbrannte sich fast alle Teile des Körpers. Dann weckte er seine Frau, die sich durch einen Sprung vom Dache noch rechtzeitig retten konnte, während seine 16 Jahre alte Dienstmagd Eva Schwager aus Erbsbühl in den Flammen umkam. Auch Jahn, 39 Jahre alt, starb am 19. Juli an den Folgen der erlittenen Brandwunden.

Im August 1835 brannte der am nordwestlichen Abhang des Döbraberges gelegene Bauernhof Hohentanne vollständig nieder. Der Besitzer Johann Müller baute die Gebäude zwar wieder auf, geriet aber so in Schulden, daß er den Hof verkaufen mußte. Er wurde später zertrümmert und ist heute abgegangen.

In der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1867 wurde Döbra vom größten Brandunglück seiner Geschichte heimgesucht. Dabei wurde ein großer Teil des Dorfes in Asche gelegt. Auch die Kirche und das große Schulhaus fielen den Flammen zum Opfer. Über den Brand berichtet die Kirchenbeschreibung:
"Schriftliche und mündliche Überlieferungen behaupten, daß die Ursache des f'urchtbaren Brandes nicht ein unglücklicher Zufall gewesen sei, sondern daß frevelnde Hände ihn gelegt hätten. Es wird erzählt, daß man im Walde die Verabredung einiger der Brandstifter mit angehört habe. Eine ältere Frau, die ihre Jugend in Döbra verbrachte, erzählte, man sei beim Ausbruch des Brandes nicht allzusehr erschrocken, da man darauf vorbereitet gewesen sei. Es sei im Dorfe herumgesprochen worden, man wolle nur erst "die Kinder beichten lassen" (Konfirmation am Pfingstmontag 10. Juni), "dann werde angezündet." Daß freilich das Feuer einen solch furchtbaren Umfang annehmen werde, hatten die Urheber wohl selbst nicht geahnt und gewollt. In der Scheune des Hauses Nr. 2 begann es; ein Haus ums andere wurde ergriffen. Da viele Häuser aus Holz gebaut und mit Stroh gedeckt waren, fand das zerstörende Element willkommene Nahrung und konnte sich rasch ausbreiten. Einen erschütternden Eindruck machte es auf die Gemeinde, als die Glocken durch die Hitze in Bewegung geratend, "zu weinen anfingen". Als das Feuer endlich erlosch, ragte die altehrwürdige Kirche als rauchgeschwärzte Ruine über einen Haufen trümmervoller Brandstätten empor. Die ganze innere Einrichtung mit allen Ihren Erinnerungen an frühere Zeiten war vernichtet, nur die Umfassungsmauern waren stehen geblieben. Der obere Teil des Turmes war zusammengesunken. Behördlich eingeleitete Untersuchungen über die Ursache des Brandes führten zu keinem Ergebnis".

Damals brannten neben der Kirche und dem großen Schulhaus folgende Häuser ab: Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 12, 13, 21, 22, 23, 24, 27, 28, 29, 31, 33, 35, 36. Obwohl die Gemeinde um eine Kollekte für die Abgebrannten nachsuchte, wurde sie ihr nicht genehmigt. Bis zum Wiederaufbau der Kirche (1873 bis 1875), der sich wegen der schwierigen Verhandlungen mit den Behörden und infolge des Krieges 1870/71 so lange hinauszog, fand der Gottesdienst im Sommer im Freien in der Kirchenruine zwischen den stehengebliebenen Umfassungsmauern statt, während er bei schlechter Witterung und im Winter im kleinen Schulhaus, das vom Brand verschont worden war, oder im Schulsaal des 1870 wieder aufgebauten großen Schulhauses abgehalten wurde.

Die Kirchenbücher und die Aufzeichnungen der Lehrer berichten von weiteren Bränden:

Am 29. September 1869 entstand in Schönwald durch spielende Kinder ein Brand, wodurch die Höfe der Bauern Georg Wolfrum Nr. 3 und des Johann Frisch Nr. 4 eingeäschert wurden.

Am 16. Mai 1881 vormittags 1/2 10 Uhr brannte das Haus des Webers Georg Hofmann in Döbra Nr. 46 ab. Die Entstehungsursache war unbekannt. Infolge des Schreckens wurde Gastwirt Christoph Seyfferth, Döbra Nr. 8, vom Schlag getroffen und war sofort tot.

Am 17. September des gleichen Jahres abends 7 Uhr brannte die Scheune der Gastwirtswitwe Margarete Hofmann, Döbra Nr. 24, mit allen Erntevorräten vollständig nieder. Auch hier konnte die Entstehungsursache nicht ermittelt werden.

1893 legte ein Brand die Ortschaft Pillmersreuth größten teils in Asche. Es wurden alle Häuser bis auf Nr. 1, 2 und 4 vernichtet. Dabei verbrannten auch viele Bäume, die dem Orte ein so freundliches Aussehen gegeben haben sollen.

Am 15. März 1897 abends 1/2 8 Uhr brach im Anwesen des Bauern Michael n Rodeck Nr. 6 ein großes Schadenfeuer aus, veranlaßt durch die Unvorsichtigkeit eines schulpflichtigen Kindes, das mit offenem Licht auf den mit Heu und Stroh angefüllten Boden ging, um Futter für das Vieh zu holen. Das ganze Anwesen, Wohnhaus nebst Stallung und Scheune sowie die daneben stehende Scheune des Bauern Nikol Hölzel Nr. 5 wurden in kurzem von den Flammen verzehrt. Größeres Unglück wurde nur durch den günstigen Umstand verhindert, daß der Wind die Flammen nach der dem Dorfe abgewandten Seite zutrieb und ein am Brandplatz anstoßender dichter Baumgarten als Funkenfänger diente.

In der Nacht vom 11. auf den 12. Oktober 1903 brach in der Bischofsmühle ein Feuer aus. Die Schneid- und Mahlmühle sowie das Wohnhaus wurden eingeäschert. Das Feuer wurde vermutlich in der Schneidmühle gelegt. Der über dem Weg stehende Stall mit Futtervorräten blieb glücklicherweise verschont. Die Feuerwehr von Enchenreuth kam erst, als nichts mehr zu retten war.

In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 1904 morgens um 2 Uhr brach in der Scheune des dem Bauern Nikol Hofmann in Rodeck gehörigen Nebenanwesens Feuer aus, das wahrscheinlich gelegt worden war. Die Scheune brannte nieder, ehe noch Hilfe von Döbra kommen konnte.

Am 5.Januar 1926 brannte die Scheune des Landwirts Friedrich Peetz in Döbra Nr. 27 nieder. Zum Glück herrschte Windstille, so daß das Feuer auf seinen Herd beschränkt werden konnte. Besonders bedroht war das große Schulhaus. Leider forderte der Brand auch ein Menschenopfer. Auguste Meister, Ehefrau des Gast- und Landwirts Adam Meister, Döbra Nr. 24, starb bei Ausbruch des Brandes vor Schrecken an einem Herzschlag.

Sechs Jahre später, 1932, brannte die inzwischen wieder aufgebaute Scheune durch Blitzschlag nochmals ab.

Im Jahre 1943 brannte das Wohnhaus des Kalkwerkarbeiters Martin Degelmann in Döbra Nr. 50 durch ein mit Streichhölzchen spielendes Kind ab.

In der Nacht vom 4. auf den 5. Mai 1948, Himmelfahrtstag, schlug der Blitz in die Scheune des Hauses Nr.1 in Schönwald, die mit ihren Vorräten und den landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen vollständig niederbrannte.

3. Unwetter, Krankheiten

Wie die Kirchenbücher berichten, wurde Döhra am 25. Juli 1777 von einem heftigen "Donnerwetter" heimgesucht. Der Blitz fuhr in den Turm der Kirche, beschädigte sein Dach und in der Kirche die Decke, die Kanzel und den Taufstein. Dabei wurde die Lehrersfrau Maria Rosina Tittel, die das Gewitterläuten verrichten half, vom Blitz getötet.

Am 21. Juni 1794 zog über Döbra wiederum ein "schreckliches Gewitter, dergleichen sich niemand erinnern kann". Abermals schlug das "Donnerwetter" in den Kirchturm, doch richtete es keinen ernstlichen Schaden an. Auch Menschen kamen nicht zu Schaden, da zum Glück nicht geläutet wurde.

Im Jahre 1800 herrschten in Döbra die Blattern so sehr, daß daran 42 Personen starben. Auch 1762 wütete hier eine Krankheit, die aber in den Kirchenbüchern nicht näher bezeichnet ist. Sie raffte 37 Personen hinweg.

Wie Hans Seiffert in seiner "Geschichte einer oberfränkischen Kleinstadt" mitteilt, waren 1816/17 Notjahre. Nach einem langen, schneereichen Winter regnete es vom Mai bis Mitte August, so daß die Bauern ihre Felder im Frühjahr sehr spät bestellen konnten. Bald trat ein empfindlicher Mangel und eine Verteuerung der wichtigsten Lebensmittel ein, so daß sie für unsere Hausweber unerschwinglich waren. Der Mißernte folgten Krankheit und Hungersnot. Die Kirchenbücher Döbras erwähnen auch diese Notzeit: "1817 starben in der Kirchengemeinde infolge der schlechten und unzulänglichen Ernährung 39 Personen".

Das Jahr 1828 brachte wieder eine Mißernte. Ein Jahr darauf, am 25. Mai 1829, wurden die Feldfrüchte Döbras durch ein furchtbares Hagelunwetter vernichtet.

Am 18. Juli 1883 nachmittags zwei Uhr entlud sich über Döbra ein schweres Gewitter, das von einem Hagelunwetter begleitet war. Die Feldfrüchte bis Marlesreuth wurden größtenteils vernichtet.

Ein Notjahr für unsere Bauern war 1893. Bis tief in den Sommer fielen kaum nennenswerte Niederschläge, weswegen Getreide und Sommuerfutter nicht wachsen konnten und nur geringe Erträge brachten.

4. Wirtschaftliche Schwierigkeiten

Über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Gemeinde, besonders im 19. Jahrhundert, geben die Pfarrberichte Aufschluß. Während unsere Hausweber in den 20er Jahren vollauf beschäftigt waren und gut verdienten, hatten sie im nächsten Jahrzehnt unter Arbeitsmangel und Verdienstrückgang bis zur Hälfte des bisher gezahlten Lohnes zu leiden. Als Weblohn für einen Strang Zeug- oder Baumwolle wurden höchstens ein Kreuzer und für ein Dutzend halbseidene Tücher höchstens zwei Gulden bezahlt. Auch nach dem Kriege 1870/71 kamen für die Hausweber weitere Notjahre. Der wöchentliche Verdienst belief sich damals auf 5-6 Mark. Im Besitz eines Tropfhäusleins, das die Weber oft erst nach Aufnahme eines zu hohen Zinsen erborgten Kapitals übernehmen oder erwerben konnten, manchmal nur zur Miete wohnend, mußte die ganze Familie bei kargem Lohn vom frühen Morgen bis in die späte Nacht mit kurzen Unterbrechungen tätig sein, die Männer am Webstuhl, die Frauen und Kinder am Spulrad oder am Nährahmen. Auch 1885 war für die Hausweber ein schweres Jahr. Damals war mancher 1/2 Jahr ohne Arbeit und Verdienst. Längere und größere Stockungen erlitt die Hausweberei auch gegen Ende der 80er Jahre. Mancher Hausweber mußte wieder monatelang feiern und wenn er ja eine Arbeit bekam, erhielt er schwierige und zeitraubende Aufträge und obendrein nur die Hälfte des früheren Lohns. Leichte und bequeme Arbeiten behielten die Fabrikanten für ihre Maschine, der Handweber bekam meist solche Zettel, welche die Maschine nicht gut ausführen konnte und die infolge der Beschaffenheit der Wolle nur mühsam hergestellt werden konnten. Bei flauem Geschäftsgang bekam er nur kurze Zettel und schlechte Wolle, die beim Spulen und Weben oft riß. In solchen Zeiten mußten die Hausweber oft dreimal in der Woche den Fabrikanten oder den Faktor aufsuchen, bis sie so viel Wolle erhielten, um arbeiten zu können. Sie wurden von einem Tag auf den andern vortröstet, erhielten manchmal den Zettel, dann vielleicht die Hälfte des Schusses, und erst, wenn sie mehrmals gebeten hatten, die ganze Wolle. Wenn man die Wege kennt, die bei uns auf den Höhen oder in den Tälern im Winter zu begehen sind, begreift man, welche Plage mit diesem Geschäft verbunden war. Konnte ein Weber ungehindert arbeiten, so verdiente er monatlich etwa 45 Mark. Davon gingen aber noch ab die Kosten für Fracht und Fuhrlohn beim Überbringen der Zettel und beim Abliefern des Gewebten, wenn er es nicht selbst besorgte. Diejenigen, welche nicht mehr webten, sondern nur spulen konnten, waren besonders schlimm daran. Wenn sie den ganzen Tag arbeiteten, verdienten sie etwa 40 Pfg. Für 100 Strang Wolle, jeder Strang 5 Gebinde, also für 500 Gebinde, wurden um 1900 etwa 39-40 Pfg. gezahlt. In der Zeit, als es noch wenig Eisenbahnen gab, hasteten unsere Hausweber sorgen-, aber auch hoffnungsvoll, mit ihrem schweren Weberpack auf dem Webersteig von Döbra nach Hof zum Fabrikanten, um ihre Fertigwaren abzuliefern. Was sie dort erwartete, berichtet A. Reichold in "Heimatkalender für Fichtelgebirge und Frankenwald" 1954, Seite 67.

Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bauern waren im vergangenen Jahrhundert keineswegs gut. Der steinige Boden und das rauhe Klima gestatteten keinen rationellen Betrieb. Mißernten und Hagelschlag brachten sie oft um den Erfolg ihrer Arbeit. Schon in normalen Jahren konnten unsere Bauern trotz größten Fleißes nur wenig bauen; waren aber die Witterungsverhältnisse ungünstig, so konnte kaum der eigene Bedarf gedeckt werden, während Steuern und Abgaben dennoch entrichtet werden mußten. So war es kein Wunder, daß die Bauern der Gemeinde mit wenigen Ausnahmen verschuldeten und nicht in der Lage waren, die Zinsen für geliehene Kapitalien zu zahlen. Fast bei jedem Zahltermin mußten sie die Gläubiger um Stundung ersuchen und vielfach waren sie gezwungen, sich mit dem Abschlagen ihres noch jungen Waldbestandes zu behelfen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen, da ihnen sonst wenige Einnahmen zur Verfügung standen. Erst in den 80er Jahren konnten sie sich einiger besserer Jahre erfreuen. Die Witterung war besonders dem Haferbau günstig und die reiche Ernte konnte auch bei stets steigenden Preisen gut abgesetzt werden. Aber auch damals war es ihnen nicht müglich größere Hypothekenschulden abzuzahlen, so daß die meisten Bauern auch in guten Jahren verschuldet blieben.

Entsetzlich waren die Wohnungsverhältnisse im vergangenen Jahrhundert. Selten hatte eine Weberfamilie ein Haus allein, manchmal wohnten zwei Familien in einem Zimmer; auch große Familien mußten sich mit einem Zimmer, das Küche, Arbeitsraum und Wohnzimmer zugleich war, begnügen. In einem Raum standen oft zwei, manchmal drei Webstühle, so daß nur für die allernotwendigsten Einrichtungsgegenstände Platz war. Ein Bodenanteil diente als Schlafstätte, wo oft ohne jeglichen Verschlag Familie an Familie, jung und alt, männliche und weibliche Personen, ledige und verheiratete nebeneinander die Nacht verbrachten. Infolge der beschränkten Wohnverhältnisse und der unzugänglichen Ernährung war es kein Wunder, daß der Gesundheitszustand der Bevölkerung viel zu wünschen übrig ließ. Die Kindersterblichkeit war sehr groß, was aus folgenden Zahlen der Pfarrgemeinde Döbra hervorgeht:

Jahr Geburten Todesfälle, darunter Kinder
1855 41 22 7
1856 40 28 9
1857 56 22 16
1858 51 28 18
1859 54 32 14
1860 49 28 11
1861 50 24 17
1862 51 35 13
1863 57 32 16
1864 68 38 13

Um die furchtbare Wohnungsnot, besonders im Dorf Döbra, einigermaßen zu beheben, richtete die Gemeinde ein Gesuch an den bayerischen König Maximilian II. Sie bekam 4000 Gulden. Damit wurden 1864 die fünf Gemeindehäuser Nr. 51-55 gebaut.

 

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