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Die Flurnamen der Gemeinde Döbra

mitgeteilt von Hans Hartmann, Döbra

in "Unsere Heimat", Heimatkundliche Beilage der "Nailaer Zeitung", Nr. 7, 8. August 1961 und Nr. 8, 5. September 1961

Die Flurnamen teilt man in Natur- und Kulturnamen ein. Die ersteren bezeichnen geographische Objekte nach ihrer Lage, Form, Bodenbeschaffenheit, nach ihrer Bezeihung zur Pflanzen- und Tierwelt. Die zweite Gruppe zeigt die Beziehungen des Menschen zur Örtlichkeit an. Die Flurnamen, die teilweise sehr alt sind und vom Volke geprägt wurden, gestatten einen Rückblick in die Vergangenheit. Sie können nicht nur in sprachlicher Hinsicht viel Stoff vermitteln; sie geben auch Aufschluß über das Werden einer Siedlung und der gemeindlichen Flur. Auch für die Bewirtschaftungs-, Rechts-, Gewerbe- und Sozialverhältnisse vermögen sie Beiträge zu liefern.

Im folgenden sollen die Flurnamen der Gemeinde Döbra, bei denen eine Deutung möglich ist, behandelt werden.

1. Namen für Geländeformen

Bodenerhebungen werden meistens als Berg bezeichnet: der Berg, die Berggüter, die Bergeggeten, die Berggrube, das Bergstück, die Bergspitze, das Berggrubenholz. Niedrige, flache Erhebungen heißen Höhe. Auch die Namen Hügel oder Bühl sind gebräuchlich: der Hügel, der Hügelacker, das Hügelstück, der Hügeleinsacker, das Bühlholz, der Bühlacker.

Ein eigenartiger Name ist Knock: der steinige und der Knöckelacker, der steinerne Knock, das Knöcklein. Knock, mhd. Knoc, bedeutet Nacken, Genick, könnte abert auch mit Knochen in Verbindung gebracht werden und bezeichnt eine auffalende, steile Bodenerhebung.

Einen Abhang nennt man Leithe: die Brunnenleithe, die Hohe Tannenleithe, die Leithe, das Leithleinholz, die Appelsleithe, das Appelsleithenholz, die Wendleithe. Der letzte Namen wurde häufig mit dem slavischen Volksstamm der Wenden in Verbindung gebracht und man glaubte auf eine Besiedlung unserer Gegend durch die Wenden schließen zu müssen. Die Grundstücke, die mit dem namen bezeichnet werden, liegen an der Grenze der beiden Orte Döbra und Poppengrün. Studienrat Schuberth sagt: "Wende(n), ahd. wenti, mhd. wendi = Umkehr, äußerstes Edne, bezeichnet ursprünglich die Grenze eines Landstücks, die Stelle, wo der Pflug gewendet wird." Die Wendleithe ist somit ein deutsches Wort und hat mit den Wenden auch nicht das mindeste zu tun.

Ein kleiner Abhang ist ein Rangen: das Rangenfeld, der Rangenacker, die Rangenwiese, das Hohe Rangenstück, der Eisenbachs Rangen, der Ascherrangen; der ungepflügte Streifen zwischen Äckern heißt Rain: Rainzelch.

Eben liegende Grundstücke heißen Eben(e): die Eben. die Ascherebene, der Ebenplatzweg.

Grund bedeutet eine Bodensenkung: der Grund, das Grünlein, die Grundwiese, am Wäschgrund, das Tauschengründlein, der Schmiedsgrund, der Türkengrund, der Amselgrund.

Auch Hölle fehlt nicht in Flurnamen: der Höllacker, die Höllwiese, der Höllhügel. Diese Grundstücke liegen weit von den Ortschaften entfernt,z. Tl. in schluchtartigen Gegenden, zu denen tiefe Hohlwege führen. Nach Schnetz bedeutet Hölle daher "Schlucht, tiefer Hohlweg, entlegener Winkel", hat also mit dem christlichen Begriff der Hölle nichts zu tun.

2. Ausdehnung, Größe und Form der Grundstücke

Die Größe und Ausdehnung der Grundstücke werden mit den Eigenschaftswörtern   groß. klein, lang, kurz, breit und eng bezeichnet: die große Hauswiese, der kleine Holzacker, die Kleintheile, die Kleinen Theile, der Langacker, die kurze und die lange Zelch, die kleinen Beetlein, die Breitwiese, die Engwiese. Ein kleines Grundstück wird auch Plätzle genannt, während Platz ein größeres Feldstück bezeichnet: das Plätzle, die Platzwiese. Das Eigenschaftswort krumm in: der krumme Wegacker weist auf die Form des Ackers hin. Spitz- oder keilförmig zulaufende Grundstücke werden Spitze genannt: die Spitze, die Bergspitze, der Spitzacker, das Spitzhölzlein.

Auch die Bodenform gibt einigen Grundstücken den Namen. Das Tiegelstück (Tügelstück), das Teigeläckerlein, der Dilgenacker, der Degelacker liegen in flachen, muldenförmigen Vertiefungen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Tiegel (mundartlich Tiegel, auch Degl) aufweisen.

3. Die Lage der Fluren

Die lage beim Dorf oder beim Haus bezeichnen die Flurnamen: das untere Dorffeld, der untere und obere Hausacker, die Hauszelch, die Hofzelch, der Hausacker. Am Döbrabächlein liegt das Bächleinholz, am Brunnen der Brunnenacker, die Brunnenleithe, in einem Ödland das Steingeröll, an einem Steinbruch der Steinbruchacker, an einer Lehmgrube der Acker an der Lehmgrube.

Die Lage zum Dorf kann auch bestimmt werden, indem die Himmelsrichtung dem Grundwort vorangestellt wird. So sind im Gemeindeflurplan der Morgen- und der Abendzelch als Flurabteilungen eingetragen. der Morgenzelch liegt östlich, der Abendzelch nördlich und westlich von Schönwald.

4. Art und Beschaffenheit des Bodens

Enthält der Acker Lehmboden, so wird er Lehmenfeldacker genannt. Der Lehmgrubenacker, der Leimenholzacker und der Leimengrubenacker besagen, daß dort Lehmgruben angelegt waren, um durch Brennen des Lehms Backsteine und Dachziegel zu bekommen.

Grundstücke mit steinigem oder felsigem Untergrund heißen der steinige Acker, der steinerne Knock und der Felsacker.

Eine Wiese mit saueren, d.i. schlechten Gräsern auf nassm Boden heißt Sauerwiese, während wasserarmer, ausgetrockneter Boden durch das Wörtchen dürr bestimmt wird. der Dürrwiesenacker, das Dürrwieslein.

5. Namen für Gewässer, Sümpfe und Wiesen

Das Bächleinholz, die Thronwiese und das Thronholz liegen an den beiden Gewässern, die durch unsere Fluren fließen.

Der Döbrabach (1386 Dobrein) entspringt unterhalb des Dorfes Döbra und eilt in einem engen, tiefeingeschnittenen Bergtal der Selbitz zu. Solche Bergtäler heißen Tobel oder Dobel-Klinge, Schlucht. Demnach bedeutet Döbra (als Bachname) = Bergtalbach, Schluchtenbach (Schuberth). Der Thronbach, der ebenfalls in die Selbitz mündet, bildete die Grenze zwischen dem bischöflich bambergischen Amt Rodeck und der Herrschaft Schauenstein. Für Grenze wurde in alter Zeit auch das Wort Rain gebraucht, das auch in dem Bachnamen (1398 Trana) steckt. Nach Schuberth bedeutet Thronbach = Grenzbach. Später wurden mit den beiden Bachnamen auch die Orte Döbra (= Siedlung am Bergtalbach, am Schluchtenbach) und Thron (= Siedlung am Grenzbach) bezeichnet.

Kleine Gewässer nennt man Lachen. Das Lachenäckerlein lag an einer solchen Stelle. Eine Bezeichnung für ein stehendes Gewässer ist Seife und bedeutet nach Schnetz ,,Druckwelle, Sumpfstelle". Die Bezeichnung dürfte in Seifelteich und Seifelteichwiese erhalten sein, wobei 1 zur bequemen Aussprache eingeschoben wurde.

Unter A1twiese versteht Schnetz eine Wiese, die nicht gedüngt und nur einmal gemäht wird. Die in der Rodecker Flur gelegene A1twiese, heute Acker und Wald, dürfte jedoch teils umgebrochen teils mit Bäumen angepflanzt worden sein, weil sie einen geringen Ertrag erbrachte.

Die Wechselwiese gehörte zwei Bauern gemeinsam, die sie abwechselnd nutzten.

6. Ödland

Eine steinige, einsame Gegend, Ödung, wird mit rauh gebildet, mhd. reuch, ruch = uneben, struppig, mit niederem Gebüsch bewachsen (Schnetz). Die Waldabteilung Rauherberg sowie der gleichlautende Einzelhof dürften hievon den Namen bekommen haben. Die Einzel Rauhenberg lag an der Grenze und gehörte niemals zu Bamberg, sondern immer zur Herrschaft Schauenstein bezw. zur Markgrafschaft Bayreuth.

7. Waldnamen

Der Wald wurde zur Zeit der Rodungen immer mehr zurückgedrängt. Aus vielen Wäldern sind längst Äcker geworden. Das ist der Fall bei dem Stöckeracker, d.i. ein Acker mit den darin gebliebenen Baumstümpfen. Im Mittelalter waren unsere Wälder meistens mit Laubbäumen bewachsen. Der Name Loh(e) deutet auf den Laubwald hin und nennt niederes Holz oder Gebüsch zum Unterschied von den Lohen des Fichtelgebirges, die Sümpfe, Moore bezeichnen. Auch die Lohe sind vielfach in Äcker oder Wiesen umgewandelt worden. Wir finden das Wort in den Flurnamen: die Loh(e), der Lohplatz, der Lohacker, die Lohwiese, der L ohsteig, die äußere Loh. Ob die Weißlohe (1715 Weisenlohr, Weis Lohr), Wiese und Äckerlein, damit zusammenhängt oder ihuren Namen von der Gerberlohe bekommen hat, kann nicht entschieden werden.

8. Weideland

In den vergangenen Jahrhunderten hatten die Bauern wenig Wiesenland, daher fehlte ihnen das Winterfutter für eine ausreichende Ernährung des Viehes. Auf manchen Wiesen wuchs außerdem so wenig Gras, daß sich das Abmähen nicht lohnte. Man nannte sie Huten. Auf diesen Grundstücken wurde das Vieh geweidet. Das Wort Hut hatte im Laufe der Zeit eine verschiedene Bedeutung.. Ursprünglich bedeutete es "das Hüten des Viehes" dann "das Recht zur Weide", schließlich "der Weideplatz". 1813 gab es in der Gemeinde Döbra fast noch 80 Tgw. Huten, die den Bauern gehörten oder als noch unverteiltes Gemeindeland sich im Besitz der einzelnen Gemeindeorte befanden. Heute ist ein großer Teil der Huten in Äcker umgewandelt worden oder sie wurden mit Waldbäumen angepflanzt. Außerdem hatten unsere Bauern auch das Recht, ihr Vieh in die bischöflichen Waldungen, die nach Säkularisation des Hochstifts Bamberg 1803 in den Besitz des Staates übergingen, auf (die Waldweide zu treiben. Solche ehemalige Weideplätze nennen die Flurnamen: die Huth, der Huthacker, das Huthholz, die Huthwiese. Der Kühtriebweg (1715 bei der Draib) war der Weg auf dem der Hirte das Weidevieh auf die Hut trieb. Am Tränktroacker befand sich ein Wassertrog für das Weidevieh, das bei günstiger Witterung den ganzen Tag auf der Weide blieb. Oft stellte eine Ortschaft einen Hirten auf, der das Vieh aller Bauern gemeinsam hüten mußte. Er wurde selten mit Geld entlohnt. Die Bauern stellten ihm aber ein gemeindliches Grundstück, Wiese oder Acker, zur Verfügung, das er nutzen durfte. Das vom Hirten für seine den Bauern geleistete Dienste genutzte Grundstück hieß die Hirtenwiese oder der Hirtenacker.

Das Weideland war früher Allgemeinbesitz und hieß Allmende oder die Gemeinde, mundartlich gmaa. Der Ausdruck findet sich im Steuerrevisionsprotokoll v. J. 1715: Pillmersreuth, Hans Jacob hat 1/2 Tgw. gute Wiesen beim Dorf in der Gemein. Im Standbuch Nr.2199 v. J. 1593 lesen wir: Rodeck, Hans Vischer besitzt ein Häuslein uf der gemein, Thron, 1 Haus uf der gemein, darauf Nicol Fraas. Später wurde der gemeinsaune Besitz an Weide und Wald durch das Los als Eigenland an die einzelnen anteilberechtigten Baumern ausgeteilt. Solche verteilten Gemeindegründe hießen Lose, Losteile, auch Teile. Auch diese Bezeichnung ist in Flurnamen erhalten geblieben. Da die Bauern bei der Verteilung der Allmende oft nur kleine Grundstücke erhielten, wurden sie Kleintheile oder die kleinen Theile genannt. Sie liegen in der Döbraer Flur links und rechts an der Straße nach Schwarzenbach/Wald. Die Bauern haben dann aus den ihnen zugewiesenen Teilen der Weide Äcker gemacht und haben, wenn sie schon Wald besaßen, den neuerworbenen Wald gerodet. Die im oder am Wald liegenden Felder hieß man dann Holzäcker.

Der Flurname Eggeten tritt häufig auf: die Bergeggeten, das Eggetenfeld, das Eggetenstück, die unteren Eggeten, die oberen Eggeten, das Eggetenholz. Nach Vollmann wuur Egert (ahd. egerde = ackern, pflügen) ehemaliges Ackerland, das längere Zeit nicht bebaut wurde und als Ödland zur Weide diente, auch zu Wiese und Wald gewandelt wurde.

9. Rodungen

Unter Rodung versteht man eine Tätigkeit, durch die man Neuland bekommt und zwar durch Beseitigung des Waldes. Reuten und roden bezeichnen neben anderen Zeitwörtern diese Tätigkeit. Flurnamen, die auf Rodungen zurückgehen, sind die Reuth, das Reuthholz, die Reuthwiese, der Reithacker. Für reuten steht auch räumen, d. i. das Gebüsch, die Stöcke wegschaffen. Wir finden das Zeitwort im Namen der Geräumwiese. 1715 kauft Hannß Peetz in Pillmersreuth vom Hochstift Bamberg 1 Tgw. geräumb-Wiesen.

10. Ackerland

Die älteste Wirtschaftsform war die Feldgraswirtschaft. Ein Teil des Kulturlandes wurde abwechselnd als Wiese, der andere Teil als Ackerflur benützt. Man nahm ein Stück Land unter den Pflug und bestellte es, ließ es aber, wenn die Ertragfähigkeit abnahm, brach liegen und benützte es als Weide, um es nach einigen Jahren wieder zu bebauen. Mit Zunahnne der Bevölkerung konnten bei dieser Wirtschaftsform nicht alle Menschen ernährt werden, deshalb wurde das gesamte Ackerland einer Mark gleichzeitig in Betrieb genommen. Man nannte diese Wirtschaftsform die Dreifelderwirtschaft, die bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts beibehalten wurde. Das Ackerland wurde in drei Abteilungen, Felder, geteilt, die abwechselnd mit Sommer- und Winterfrucht bestellt wurden, während sie im dritten Jahre brach liegen blieben. Man nannte die Teile Zelchen. Nach Schmeller bedeutet die Zelg(e), ahd. zelga "die Bestellung des Feldes, das Pflügen zur Saat'', dann "das bestellte Feld". Das Wort ist als Flurname erhalten geblieben. Wir finden es in die Zelch, die Steigzelch, die Hauszelch, die Hügelzelch, die Rainzelch, die Teichzelch, die Kirchsteigzelch, die Hofzelch, die erste Zelch, die dritte Zelch, die kurze und lange Zelch. Auch 1715 kehrt der Flurname Zelch öfters wieder. Hier wird meistens Zelling geschrieben, z.B. Thron, Hannß Hoffmann, der Alte, hat 3 Tgw. Dungfeld in der Hofzelling, Hannß Hoffmann, der Junge, 2 1/2 Tgw. Mittelfeld in der Lohzelling und Endreß Haueyßen in Rodeck hat 2 Tgw. Dungfeld in der Hofzelch.

Manchmal heißen die Flurteile Gewend: das vordere, mi ttlere, das hintere Gewend. Ein Gewend wurde der Länge nach eingeteilt. Die kürzeren Äcker, die quer zur Längsrichtung lagen und quer geackert werden mußten, was sehr unpraktisch war, hießen Zwerch, - fälschlicherweise auch Zwergäcker. (zwerch = quer; noch erhalten in Zwerchsack). Daß bei unserem "Zwergacker" ein quer zur Längsrichtung liegender Acker gemeint ist, zeigt ein Blick auf den Flurplan. Die Bezeichnung "quer" hat sich im Queracker erhalten.

Beim Pflügen erhält man schmale, erhöhte Erdstreifen zwischen zwei Furchen. Man nannte sie Beete: die kleinen Beetlein. Heute werden die Hackfrüchte in Feldern mit Beeten gelegt, bis zur Jahrhundertwende wurde aber auch das Getreide auf Beete mit der Hand gesät.

Mit der Peunt(h), mundartlich beind, bezeichnen Grundbuch und Flurplan meistens Wiesen (auch einige Äcker), die in unmittelbarer Nähe der Orte Döbra, Thron, Rodeck und Pillmersreuth liegen. Nach dem Steuerrevisionsprotokoll v. J. 1715 gab es nur gute Wiesen in den B e u n t h e n. Peunt *)

*) Nach Schmeller ist die Peunte ein Grundstück, das, ohne ein Garten zu sein, dem Gemeindeviehtrieb verschlossen werden kann, oder worauf das Recht liegt, es eingefriedigt oder nicht eingefriedigt, ohne Rücksicht auf die außerhalb zu befolgende Zelgen-Abwechslung zu jeder beliebigen Art Ackerfrüchte, oder, was sehr oft geschieht, bloß zu Gras zu benutzen.

Mit Peunte hängt das englische Wort ,,pound" zusammen. Man versteht darunter einen umzäunten Platz für das Vieh.

stammt nach Vollmann aus dem ahd. biwand oder biwund = was sich herumwindet. Demnach waren die Peunten besonders gute Wiesen, die zum Schutz vor den Weidetieren mit einem geflochtenen Zaun umgeben waren.

Um den Steinmaueracker befand sich ein Mäuerchen aus Steinen, damit die Weidetiere und das Wild abgehalten wurden.

Bei der Beschreibung der Grundstücke im Häuser- und Rustikalkataster v. J. 1813 liest man häufig Ausdrücke wie: An walzenden Gütern (oder an ledigen Stücken) 3 Tgw. Feld am Döbraer Berg. Das Wort walzend besagt, daß das Feld nicht beim Hof bleiben und vererbt werden mußte, sondern daß es allein verkauft oder eingetauscht werden konnte ohne Genehmigung des Lehensherrn. Gewöhnlich behielt die walzenden Felder oder Wiesen der Erblasser bei der Hofübergabe für sich zur Nutznießung.

11. Nach Tieren benannte Fluren

Einige Flurnamen lassen Schlüsse auf die frühere Tierwelt zu. In der Hohenzorner Flur erinnern der Bärenlochweg und das Bärenlochholz an das einstige Vorkommen von Bären. Daß sich in den dichten Waldbeständen auch viele Vögel aufhielten, beweisen die Namen Eulenwiese und Amselgrund.

Auf den im Mittelalter so beliebten Vogelfang (Lerchen, Finken) deuten der Vogelherd hin. Ein meist am Waldrand gelegener ebener Platz wurde mit Stellnetzen umgeben, um die kleinen Sänger durch Lockvögel herbeizurufen und zu fangen. Jeder konnte Vögel fangen, dagegen war die "hohe Jagd", die Jagd auf Großwild, nur dem Grundherrn, bei uns dem Bamberger Bischof, gestattet. Ein Vogelherd befand sich in der Pillmersreuther Flur. Der Flurname "der Vogelherd" erinnert daran. Auch 1715 wird ein Vogelherd erwähnt: Hanns Jacob, alt, Bauer in Pillmersreuth, hat 2 Tgw. Mittelfeld im Wäschweg und im Vogelherd.

Ob die Waldabteilung Lerchenhügel (1715 Lergenberg) mit dem Vogelnamen zusammenhängt oder ob dort früher Lärchen standen, sei dahingestellt.

Auch kann nicht erkannt werden, ob der Ziegenrück (1715, gute Wiesen beim Ziegenrück), an der Südgrenze der Rodecker Flur gelegen, seinen Namen von der Gestalt eines Ziegenrückens erhalten hat.

12. Nach Pflanzen benannte Fluren

Bei der Dreifelderwirtschaft wurde ein strenger Fruchtwechsel eingehalten. Kleinere Grundstücke wurden aber öfters mit der gleichen Pflanzenart angebaut und erhielten nach ihr den Namen. So hat man in der Rodecker Flur Hanf angebaut, was der Name Hanftäckerlein beweist. Die Bezeichnung Äckerlein besagt, daß es nur kleine Flächen waren, auf denen der Eigenbedarf geerntet wurde. Der Hopfenacker in der Poppengrüner Flur und der Wickenhügel in Rodeck, im Grundbuch als Acker eingetragen, dürften ihre Namen von den wildwachsenden Pflanzen erhalten haben.

Häufig werden einzelne in der Flur stehende Bäume zur Bildung von Flurnamen benützt, besonders Kirsch- und Apfelbäume. Solche Grundstücke heißen dann: das Kirschbaumwieslein, der Kirschbaumacker. Auf dem Äpfelbaumstück standen mehrere Apfelbäume.

Auch andere Laubäume geben Grundstücken den Namen: das Ahornstück, der Ahornacker, die Birkwiese, der Vogelbaumacker, das Buchenstück. Die Esche wird nach Schnetz auch Asch(e) genannt. Die Ascherebene wäre dann die Eschenebene, der Aschenrangen, der Eschenrangen.

Der Nußstaudennacker weist auf die am Rand des Ackers wachsenden Haselsträucher hin. Die Staudenwiese hat ihren Namen von dem Buschwerk, das dort wächst, während das Bromenstücklein und das Bromenfeld nach einem Dorngesträuch, einer Brombeerhecke, benannt sind. Der Palmbaumacker hat seinen Namen von der Sal- oder Palmweide.

Nach Nadelbäumen sind benannt: das Fichtenstück, das Fichtenfeld, die Tannenleithe, der Lerchenhügel (oder nach dem Vogel). Der Kühnhügelacker und die Kühnföhre waren Wald und mit Schleiß- oder Kienföhren bewachsen. Das Holz der Kienbäume ist harzhaltig, daher wurde es zum Anfertigen von Kienspänen für Beleuchtungszwecke verwendet.

13. Grundstücke, die nicht landwirtschaftlich genutzt wurden

Einige Flurnamen berichten von dem Gewerbe, das auf dem Grundstück ausgeübt wurde. Früher zählte der Köhler zu den Berufen, für den es im Frankenwald gute Verdienstmöglichkeiten gab. Heute gehört er zu den aussterbenden Berufen wie der Hausweber. Die Meiler und Kohlstätten sind fast ganz verschwunden. Auch in den Fluren der Orte Döbra, Schönwald, Thron und Pillmersreuth befanden sich Kohlstätten, wo in Meilern Holzkohlen hergestellt worden sind. Daran erinnern die Namen Kohlstattholz, Meilerstatt und Meilerstattfeld. Der Ortsteil Meilerstatt in Döbra, im Volksmund "Meierstatt" genannt, war früher Wiese, wo Kohlen gebrannt wurden, bevor der Platz mit Häusern bebaut war.

Durch die Tätigkeit der Köhler wurde der Wald arg verwüstet, auch die Pechbrenner fügten den Bäumen schweren Schaden zu. Pechkratzer gab es auch bei uns. Sie schnitten die Rinde der Nadelbäume an und sammelten das Harz. Die Pechwiese, ehedem Wald, erinnert daran. In besonderen Öfen, den Schmieröfen, wurde dann das Pech zu Wagenschmiere gesotten. Vielleicht erinnert der Hausname "Schmierorl" (-orl = Adam) an die frühere Tätigkeit.

Große wirtschaftliche Bedeutung hatte im Frankenwald der Bergbau. In zahlreichen Gruben wurde nach Eisen, Kupfer u.a. Erzen geschürft. Auch bei uns gab es Bergwerke: Bei Rodeck, Thron, Poppengrün und Haidengrün befanden sich Eisengruben. Das Bergwerk bei Rodeck, die St. Bernhardszeche, führte im Volksmund den Namen "uff der Wesch" (das geförderte Erz wurde gewaschen, um den Unrat zu entfernen). "Die Wesch" war bis nach dem Dreißigjährigen Krieg in Betrieb. Die Grube lag in einer einsamen, verrufenen Gegend, rings von dunklem Wald umgeben. Die Bergleute, in zwei Häusern wohnend, verließen gerne den unheimlichen Platz, nachdem sich der Betrieb nicht mehr lohnte. Die Häuser verfielen, die Schächte und Stollen stürzten ein. Heute sieht man dort große Löcher im Erdboden, Zeugen der eingefallenen Stollen und Schächte. An das verlassene Bergwerk erinnern die Flurnamen Wäsch, Wäschgrund, Wäschweg, Wäschholz, das Stollenwieslein, das schwarze Stück, die Berglöcher, das tiefe Loch.

Das Eisenbergwerk bei Thron, die St. Johannesgrube, wird als Flurname 1715 erwähnt: Thron, Jacob Hellerich besitzt 3/4 Tgw. Mittelwiese beym Bergwerkh und Cuntz Hoffmann 1 1/2 Tgw. Mittelwiesen beym Stollen.

Auch in Poppengrün befand sich ein Eisenbergwerk, woran die Stollenwiese und der Stollenacker erinnern. Der Stollen in Poppengrün wird ebenfalls als Flurname 1715 genannt: Poppengrün, Reichardt Frankh hat 2 Tgw. geringe Wiesen im Stollen und Hannß Kirchner 2 Tgw. gering Feld und 2 Tgw. gute Wiesen im Stollen.

Die bei uns geförderten Eisenerze wurden in dem Schmelzofen beim Zusammenfluß der Wilden Rodach mit dem Eisenbach geschmolzen und Im Rauschenhammer verarbeitet. Die Grundstücke Hammerwiese, Hammerbergsweg, Hammerleithe und Hammerberg im Forstbezirk Rodeck liegen oberhalb des ehemaligen Hammerwerks.

In der Zeitschrift Frankenwald 1950 Nr. 6 glaubt Georg Rieß in Grieshammer, das zu Pillmersreuth gehört, ein Hammerwerk gefunden zu haben. In den Archivalien des Staatsarchivs Bamberg wird aber nirgends ein Hammerwerk erwähnt, wohl aber ein Georg Grieshammer, der 1771 in Pillmersreuth 1/2 Hof besaß. Die Siedlung Grieshammer, die heute aus zwei Häusern besteht, dürfte ihren Namen nach dem Besitzer bekommen haben, ebenso die Flurnamen Grieshammerwiese und Grieshammerholz, die nicht in älteren Urkunden erscheinen. Sie sind nur im Grundbuch und im Gemeindeflurplan eingetragen und dürften somit als Ausnahmefall jüngeren Alters sein, genau so wie die Bezeichnung des Flurteils Petzengut im Flurplan, das seinen Namen nach einem 1715 in Pillmersreuth ansässigen Bauern Peetz erhalten hat.

14. Geschichtliche Flurnamen

An das Schloß Rodeck, das Castrum Radekke, erinnern die Flurnamen Schloß- und Königsgrundacker, Schloßberg, Schloßwiese, Schloßacker, Schloßbergholz, Schloßbergsweg.

Im 15. und 16. Jahrhundert war das Schloß der Mittelpunkt des bischöflichen Amtes Rodeck mit Halsgerichtsbarkeit. Auf dem Galgenberg, einer weithin sichtbaren Höhe, stand der Galgen als äußeres Zeichen der vom Bischof ausgeübten hohen Gerichtsbarkeit.

Das bischöfliche Amt Rodcck, um 1500 nach Enchenreuth verlegt, war das nordöstlichste bischöfliche Amt und grenzte an die markgräflichen Vogteiämter Schauenstein und Schwarzenbach/Wald. Die Grenzwiese am Rodecker Wäschgrund, an der eine Grenzsäule (wohl ein Grenzstein) stand, bildete (die Grenze zum Vogteiamt Schauenstein, ebenso der Thronbach = Grenzbach, während der Hohe Grenzrain oberhalb der Straße von Schwarzenbach/Wald nach Döbra bei der Kleindöbraer Flur mit dem Zolltafelhölzlein und dem Zolltafelacker die Grenze zum Vogteiamt Schwarzenbach/Wald bildete. Der Hohe Grenzrain und das Zolltafelhölzlein werden in einer Grenzbeschreibung des Steuerdistrikts Döbra v.J. 1813 genannt. Das Zolltafelhölzlein, 3/4 Tgw. groß, gehörte damals zum Hof Hohentanne. Hier befand sich eine Zolltafel, die an der Grenze des bischöflichen Amtes stand und davon zeugt, daß früher, selbst an den Grenzen kleiner Herrschaftsgebiete, Zoll erhoben wurde. Unmittelbar neben dem Zolltafelhölzlein und dem Zolltafelacker führte die alte mittelalterliche Geleitstraße Hof-Kronach vorbei. Sie berührte in Döbra bischöfliches Gebiet, weswegen hier von jedem Kaufmannswagen, der die Straße benutzte, ein Geleitzoll erhoben wurde.

An der ehemaligen bischöflich-markgräflichen Grenze stehen noch vier alte Grenzsteine:

Unterhalb des Dorfes Thron am Thronbächlein an seinem rechten Ufer im Grund, wo das Bächlein in den Wald eintritt, bei Pl.Nr. 629 Scheibenacker, steht ein gut erhaltener großer Grenzstein mit der Jahreszahl 1686.

Ein zweiter kleinerer Grenzstein steht etwa 30 Meter links an der Straße Pillmersreuth-Rauhenberg im Wäldchen bei Pl.Nr. 761 Petzengut, mit der Jahreszahl 1573.

Der dritte große Grenzstein steht zwischen Grieshammer und Baiergrün am Steig unmittelbar an dem Brücklein über dem Baiergrünerbächlein bei Pl.Nr. 831, Grieshammerwiese, mit der Jahreszahl 1573.

Der vierte große und gut erhaltene Grenzstein steht an dem Weg, der von Pillmersreuth rechts in den Wald führt, etwa 500 Meter von der Hauptstraße entfernt, im Staatswald Rauhenberg mit der Jahreszahl 1573. Er zeigt als Wappen auf der einen Seite den springenden Bamberger Löwen mit dem Schrägbalken und auf der entgegengesetzten Seite den brandenburgisch-markgräflichen Adler.

15. Verschiedenes

Der sog. "Auszug", d.i. die Auszugsreichnisse der alten Leute bei der Hofübergabe an den Sohn, kann in Geld, in Naturalien (Milch, Eier, Fleisch, Butter usw.) oder in einem Grundstück bestehen, das sich der Erblasser zu seiner Nutzung vorbehält. Ein solcher Acker heißt dann Auszugsacker. Behielt sich ein "Frala", wie man ab und zu bei uns die alten Großmütterlein bezeichnet, bei der Übergabe des Hofes ein Feld vor, um den Ertrag zu nutzen, so wurde es das Fralafeld genannt.

Ob das Jägersfeld, der Fröbers- oder Pfreunersgrund und das Dresselfeld nach Besitzern benannt sind, läßt sich nicht entscheiden. Auch ist nicht erkennbar, ob das Tauschengründlein so bezeichnet wurde, weil es gegen ein anderes Grundstück eingetauscht wurde. Das Kastenfeld in Rodeck könnte sich auf den bischöflichen Kornspeicher (Kasten) in Stadtsteinach beziehen, wohin die Bauern ihren Zehnten abzuliefern hatten. In der dem Staat gehörenden Waldabteilung Marter soll ein Förster von Wilderern erschossen worden sein. Ein Stein (Sühnekreuz) oder ein Marterl bezeichneten oft solche Plätze und erinnerten die Nachwelt an die Untat. In der Marter ist aber nichts dergleichen erhalten geblieben. Der Leichenweg in Thron ist ein Feldweg, der in die Straße einmündet. Die Leichen aus Thron wurden auf dem Weg zur Hauptstraße nach Döbra gebracht, weswegen er so benannt wurde. Noch heute bewegen sich die Leichenwege aus Thron auf diesem Wege.

Die Bezeichnung Scheibe (1715 in der Scheuben, das Scheubengut) tritt in den Namen die Scheibe, die Scheibenwiese, das Scheibenacker auf. Schnetz führt Scheibe zurück auf das mhd. schibendrehen, wenden, womit eine Weg- oder Flußkrümmung bezeichnet wird. Nicht zu erklären vermag ich den Beraschenacker und die Beraschenwiese (1715 in der Borrathen). Vermutlich handelt es sich bei dem Namen um eine Wortverstümmelung.

Auch der Name Türkengrund, der zur Bezeichnung von Wäldern und Wiesen auftritt, wird wohl ein Rätsel bleiben. 1715 heißt er Türckhengrund: Döbra, Hans Heinrich Dill hat 1/2 Tgw. Wiesen im Türckhengrund und Hannß Hager in Hohenthann 2 Tgw. Holz am Türckhengrund. Ob der Name mit dem Familienname Türk zusammenhängt, könnte erst durch Erforschung der Besitzer erkannt werden. In den Matrikeln der Pfarrei Döbra kommt aber der Name Türk nicht vor. Mit dem Völkernamen dürfte er kaum etwas zu tun haben, es sei denn, daß das Holz seinerzeit zur Bezahlung der Türkensteuer verwendet wurde. Vielleicht ist der Name durch die mundartliche Aussprache oder durch den Schreiber bei Anlage der Grundbücher und bei Übertragung des Namens in Kanzleideutsch so entstellt worden, daß uns sein Sinn verborgen bleibt.

Anmerkung: Zur Herkunft des Namens "Türkengrund" erreichte den Webmaster folgender Beitrag von Peter Hager aus Angerberg (Tirol): "Der Schreibname Hager dürfte aus Tirol stammen. Dort sagt man zu Mais noch heute Türken. Damit ist sicher ein Maisfeld gemeint. Jeder Tiroler aus dem Unterinntal weiß, was ein Türkenfeld oder Türkengrund ist."

Quellen: 
1. Grundbuch beim Amtsgericht Naila. 
2. Flurplan der Gemeinde Döbra. 
3. Häuser- und Rustikalkataster des Steuerdistrikts Döbra v. J. 1813. 
4. Steuerrevisionsprotokoll Enchenreuth v. J. 1715. 
5. Vollmann, Flurnamensammlung. 
6. Schnetz, Flurnamenkunde.
7. Edelmann, Flurnamen als geschichtliche und kulturgeschichtliche Zeugen. 
8. Schuberth, Ein Beitrag zur Besiedlungsgeschichte des nördlichen Oberfrankens.


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